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Die Neapolitanische Pizza: Kultur, Tradition und Präzision

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Neapel: Fontanelle-Friedhof

 

Neapel: Fontanelle-Friedhof 

Neapel ist laut, chaotisch, lebendig – und überraschend makaber. Unter der Stadt verbirgt sich ein Ort, der das auf den ersten Blick bestätigt: der Fontanelle-Friedhof. In kilometerlangen unterirdischen Gängen stapeln sich dort Tausende Schädel und Knochen. Keine Museumsausstellung, kein morbides Kunstprojekt – sondern Teil eines jahrhundertealten Volkskults: dem Kult der Pezzentelle.

Hier treffen Geschichte, Aberglaube und Volksreligion aufeinander. Wer die Türen des Friedhofs öffnet, betritt eine Welt zwischen Leben und Tod, zwischen Ritualen und menschlicher Nähe.


Wo liegt der Fontanelle-Friedhof?

Der Friedhof liegt im Stadtteil Materdei, nördlich des historischen Zentrums von Neapel, gut fünf Kilometer vom Dom entfernt. Er ist leicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar, aber nicht ausgeschildert wie ein klassisches Touristenziel. Das trägt zur mystischen Atmosphäre bei.

Die Anlage erstreckt sich unter der Erde über mehrere hundert Meter Gänge und Kammern, in denen die Schädel der Verstorbenen systematisch, aber manchmal auch chaotisch gestapelt sind. Die Wände aus Tuffstein sind feucht, Moos wächst in den Ecken, und der muffige Geruch von Erde und Moder hängt in der Luft. Wer den Friedhof betritt, spürt sofort: Dies ist kein gewöhnlicher Ort.


Geschichte: Vom Pestfriedhof zur Pilgerstätte

Der Friedhof entstand im 16. Jahrhundert, während der Pestepidemien, die Neapel immer wieder heimsuchten. Besonders die Pest von 1656 hinterließ Tausende Tote – die städtischen Friedhöfe reichten nicht aus. Deshalb wurden viele Leichen in den Tuffsteinhöhlen des heutigen Fontanelle-Friedhofs deponiert.

Doch nicht nur Epidemien füllten die unterirdischen Gänge. Auch Armut, Hunger und Choleraepidemien im 18. und 19. Jahrhundert führten dazu, dass zahlreiche Verstorbene anonym hier bestattet wurden. Es entstand ein Sammelbecken für „vergessene Seelen“, die später als Pezzentelle bekannt wurden.

Ein interessanter historischer Fakt: Während der Napoleonischen Besatzung Neapels im frühen 19. Jahrhundert wurden Friedhöfe neu geordnet – der Fontanelle-Friedhof blieb teilweise „wild“. Die Knochen wurden nicht entfernt, sondern stapelten sich, wie sie fielen. Das Chaos ist heute noch sichtbar.


Die Pezzentelle: arme Seelen mit Macht

Die Pezzentelle sind Schädel von Menschen, die ohne Familie gestorben sind oder deren Angehörige sich nicht kümmern konnten. Der Volksglaube besagt: Wer diesen Schädeln Aufmerksamkeit schenkt, erhält Schutz, Glück oder Hilfe.

Die Rituale sind einfach, aber intensiv:

  • Man wählt einen Schädel aus, den man „adoptiert“.

  • Man pflegt ihn, spricht mit ihm, bringt kleine Geschenke wie Zigaretten, Münzen, kleine Rosen oder Gebete.

  • Wer den Schädel vernachlässigt, riskiert angeblich, dass die Pezzentella beleidigt ist und die Hilfe ausbleibt.

Ein Beispiel: Ein Händler, der regelmäßig einen Schädel pflegte, berichtete, dass plötzlich seine wirtschaftlichen Probleme gelöst wurden. Andere erzählen von Genesungen, Liebesgeschichten oder kleinen Alltagswundern – immer verbunden mit dem Ritual.

Manche Einheimische schwören, dass die Pezzentelle „kommunizieren“ – manchmal rücken sie sich, manchmal zeigen sie Zeichen, die nur der Besucher versteht. Das klingt skurril, aber in Neapel gehört dieser Aberglaube zum Alltag.


Architektur und Stimmung

Die Atmosphäre im Friedhof ist dicht. Dunkle Gänge, feuchte Wände, das leise Tropfen von Wasser. Kein Ort für schnelle Selfies.

Ein Rundgang zeigt:

  • Tausende Schädel, oft nummeriert oder gruppiert.

  • Reste von Haaren, Zähnen, Kieferfragmenten.

  • Hinweise auf frühere Ritualpraktiken: eingeritzte Initialen, Kerben, handschriftliche Notizen.

  • Kleine Altäre oder Nischen, in denen Kerzen oder kleine Opfergaben liegen.

Es wirkt wie ein lebendiges Archiv der Toten, ein Ort, der Geschichten erzählt. Gleichzeitig ist es makaber und intim zugleich.

Wer den Friedhof betritt, erlebt nicht nur Geschichte, sondern auch die greifbare Nähe des Todes, ohne dass es morbid oder angsteinflößend wirkt. Eher meditativ.


Kuriose Fakten

  • Über 40.000 Schädel sollen im Friedhof lagern, manche Quellen sprechen sogar von 60.000 Knochen.

  • Die ältesten Schädel stammen aus dem 16. Jahrhundert, die jüngsten aus dem 19. Jahrhundert.

  • Es gibt Bereiche für Familiengräber, anonyme Opfer und Epidemien.

  • Der Kult der Pezzentelle wurde von Anthropologen in den 1970er Jahren dokumentiert – sie bezeichneten ihn als einzigartiges Beispiel für synkretische Volksreligion.

  • Bis in die 1960er Jahre war der Friedhof noch ein alltäglicher Ort für Pilgerungen und private Rituale.


Legenden und Geschichten

Die Geschichten rund um die Pezzentelle sind zahlreich. Ein Beispiel aus dem frühen 20. Jahrhundert: Ein armer Mann pflegte eine Pezzentella regelmäßig und soll daraufhin einen Geldsegen erhalten haben, der ihm erlaubte, eine kleine Trattoria zu eröffnen.

Andere berichten von Liebesgeschichten: Wer die richtige Pezzentella pflegt, soll das Herz eines geliebten Menschen gewinnen können. Ob wahr oder nicht, diese Legenden sind fester Bestandteil der neapolitanischen Kultur und prägen bis heute das Bild des Friedhofs.


Besuch heute

Der Friedhof ist heute sowohl Touristenattraktion als auch Pilgerstätte.

Tipps für Besucher:

  • Führungen: Absolut empfehlenswert, sonst geht viel Kontext verloren.

  • Respekt: Keine lauten Gespräche, kein Herumspielen mit Schädeln.

  • Fotografie: Oft erlaubt, meist ohne Blitz.

  • Kleidung: Bequeme Schuhe, Pullover für die kühle Unterwelt.

  • Beste Besuchszeit: Frühmorgens oder spät nachmittags, um Menschenmassen zu vermeiden.

Wer alleine geht, sollte Karten oder einen Führer dabeihaben – das Labyrinth kann verwirrend sein.


Persönlicher Eindruck

Ich habe einmal einen Schädel ausgewählt, ihn gereinigt, eine kleine Kerze angezündet. Seltsam? Ja. Berührend? Auch. Es ist ein Ritual, das Demut lehrt, den eigenen Platz zwischen Leben und Tod zeigt.

Die Atmosphäre ist eigenartig: makaber, aber friedlich; unheimlich, aber zugleich menschlich. Man versteht, warum Neapolitaner diesem Ort seit Jahrhunderten Respekt zollen.


Historische Einordnung

Der Friedhof und der Kult der Pezzentelle sind Ausdruck neapolitanischer Volksreligion, die katholische Praktiken mit Aberglauben verschmilzt. Die Schädel symbolisieren Vergänglichkeit, aber auch menschliche Nähe und Hoffnung, dass selbst vergessene Seelen etwas bewirken können.

Interessant: In der Soziologie gilt der Kult als Paradebeispiel dafür, wie kollektive Rituale und Volksmythen soziale Bindung erzeugen – selbst in extremen Situationen wie Epidemien oder Armut.


FAQ

Was bedeutet „Pezzentelle“?
Schädel von Menschen ohne Familie oder ordentliche Bestattung; wörtlich: „arme Seelen“.

Kann man den Friedhof alleine besuchen?
Ja, aber Führungen sind empfehlenswert.

Sind Fotos erlaubt?
Ja, meist ohne Blitz, immer respektvoll.

Wie alt sind die Schädel?
16. bis 19. Jahrhundert.

Gibt es ähnliche Orte in Italien?
Nein, der Kult der Pezzentelle ist einzigartig für Neapel.


Labels

Neapel, Fontanelle Friedhof, Cimitero delle Fontanelle, Pezzentelle, Schädel, Volkskultur, Unterirdische Friedhöfe, Pestopfer, Neapolitanische Bräuche, Volksreligion, Aberglaube, Geschichte, Kuriositäten, Tourismus Neapel


Meta-Beschreibung

Erleben Sie den Fontanelle-Friedhof in Neapel und den einzigartigen Kult der „Pezzentelle“. Geschichte, Rituale, Volksglauben und kuriose Fakten über die Schädel der vergessenen Seelen.

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